„… nein, wir wollen keine digitale Überwachung am Grab …“
Gestern erhielt ich eine Absage von einer hier an der Bergstraße bekannten Familie, die mehrere prominente Persönlichkeiten hervorbrachte.
Im Vorfeld hatte ich vor einigen Monaten bereits einige Familien an der hessischen Bergstraße angeschrieben.
Ich bot an, die herausragenden Biografien – statt in einem Wikipediaeintrag, oder gelegentlichen Erwähnungen – mit mehr Leben zu erfüllen.
Dazu wollten wir mit mehr Bildern eine schön gestaltete Kleine Chronik als Webseite zu fertigen, ein kleines Schild mit Link und QR-Code am Grab anbringen. So war der Plan und neu ist diese Dienstleistung auch nicht. Als professionelle Chronisten, Webdesigner und Grafiker eine schöne Aufgabe, dabei denken wir immer noch unbeirrt, dass man sich eigentlich darüber freuen könnte – schließlich ist es umsonst.
Natürlich haben wir Verständnis, wenn jemand für sich entschließt, dass dies mit der Stille des Friedhofs nicht zusammengeht, was mich aber erschreckte, war die Aussage:
„Nein, wir wollen keine digitale Überwachung am Grab, wenn ich da was pflanze oder so…“
Hier läuteten meine Alarmglöckchen – nicht fein, eher ein Big Ben-Geläut, denn ich erkannte, dass, obwohl die Dienstleistung nicht neu ist, diese noch nicht ganz verstanden wird. Vielleicht weil wir es nicht richtig erklärten? So habe ich die Kopie des Anschreibens hervorgeholt, um den Missverständnis auf den Grund zu gehen. Ich erklärte darin, dass dieses kleine Schild ähnlich funktioniert wie ein Museumsguide, den wir alle schon mal in der Hand hatten. Bei den Exponaten sind kleine Schilder mit den Nummern angebracht, bspw. Bild A – bitte drücken Sie die #2 – und schon gelangt man akustisch zu den Informationen über Bild A.
Weiter erklärte ich, dass es bei der Kleinen Chronik wie im Museum auch ein kleines Schild gäbe, entweder aus hochwertigen Emaille oder Vinyl und statt der Ziffer man den „sogenannten QR-Code“ mit dem Smartphone mit einer App fotografiere. Der QR-Code (Quick Respones = Schnelle Antwort) sei nichts weiter „als ein gedruckter Link“ der hilft, dass man mit dem Smartphone die Informationen über die berühmten Familienmitglieder nun lesen, die Bilder anschauen könne. Weggelassen habe ich, dass unsere Kunden natürlich auch einen Hörbeitrag mitbestellen können, im Gespräch ging es schließlich aber um ein ehrenamtliches Projekt.
Warum eigentlich ehrenamtlich?
Ich überlegte am Anfang des Jahres wie ich unsere neue Dienstleistung seriös anbieten kann. Trauer bleibt für bisher Ungeübte immer noch ein heikles Thema, das Fingerspitzengefühl erfordert. Wer will schon einem trauerndem Angehörigen, der evtl. neben sich steht, ein Verkaufsgespräch aufdrücken? Ich bzw. wir nicht. Das hat so ein „Geschmäckle“ und eigentlich sollte so etwas auch der Bestatter anbieten. Der allerdings hat so um die 1000 Produkte. Wenn wir jetzt ihn bitten würden, das 1001ste Produkt aufzunehmen, kann jeder sich vorstellen wie begeistert er ist, weil groß wäre die Marge nicht, wir haben auch schon mit spitzer Feder gerechnet.
So kam ich zu dem Schluss, dass man das anders bekannt machen muss. Mit ehrenamtlichen Kleinen Chroniken. Es wäre toll, wenn engagierte Bürger der Region den Text schreiben, wir zusammen die Webseite gestalten, die Stadt oder die Familien das Schild am Grab oder an den entsprechenden Häusern, Plätzen anbringen. Damit wird ein Stück Geschichte dokumentiert und bewahrt, Bürger zur Interaktion eingeladen, die Stadt erhält von uns mit viel Aufwand die Friedhöfe skizziert, die allen zur Information dienen und zu allem Überfluss wollte ich auch noch allen Dienstleistern der Region anbieten, auf den Seiten der Kleinen Chronik umsonst ihre Dienstleistung / Handwerk rund um das Thema ‚Trauer und Bestattung‘ vorzustellen. Damit wäre es auch für Angehörige einfacher, wo ist das nächste Lokal, welchen Trauerredner gibt, wieviel Gärtnereien, Bestatter, Steinmetze gibt es in meiner Stadt.
Kurz: Endenwollende Begeisterung. Ich war wohl ein wenig naiv, auch was die Resonanz bei der Presse angeht, die wir natürlich auch informierten, als wir hier für den bekannten Schriftsteller Wilhelm Holzamer (Link) das Projekt erstellten.
Noch kürzer: Es ist einfacher einen Termin bei der Queen zum Tee zu bekommen, als, dass sich wirklich die Presse dafür interessiert.
Alsoooo – Was könnte man besser machen?
Ich habe es nun im Gespräch nochmals geklärt. Es ist schließlich wichtig, dass nicht falsche und leider auch negative besetzte Informationen, wie digitale Überwachung, entkräftet werden. Wir wollen schließlich auch Interessenten erreichen, die dann bestenfalls zu Kunden werden. Ich hoffe es ist mir geglückt.